Tatort Kreisliga: Der Württembergische Fußballverband (wfv) fühlt sich bestohlen durch das eher unbekannte Filmportal Hartplatzhelden. Die Seite bietet Amateurfußballern die Möglichkeit, Szenen aus den Kicks des Wochenendes hochzuladen und von den Usern und einer Jury bewerten zu lassen. “Unlautere Leistungsübernahme” beklagt der wfv laut heise.de. Die Begründung in Kurzform: Der Fußballverband organisiert den kompletten Spielbetrieb und leitet daraus das Exklusiv-Recht ab, bewegte Bilder von den Spielen in kommerzieller Weise zu verwerten bzw. diese Rechte zu vermarkten.
Zunächst zu den objektiven Fakten.
Hartplatzhelden.de ist ein kommerzielles, werbefinanziertes Unternehmen, dass nicht aus reinem Enthusiasmus betrieben wird, sondern auch mit der Perspektive, irgendwann mal einen Gewinn abzuwerfen. Es wirkt auch nicht völlig unprofessionell, sondern hat u.a. prominente Protagonisten aus dem Fußballgeschäft gewonnen, dort mitzuarbeiten.
Der DFB hat mit Fußball.de ein Portal am Start, dass extrem attraktiv für Sponsoren ist. Mit der Verpflichtung, dass jeder Heimverein innerhalb kürzester Zeit nach dem Abpfiff das Ergebnis dort eintragen muss, hat man für den Amateurbereich ein System geschaffen, dass sogar schneller ist, als Lokaljournalisten die Resultate auch nur eintelefonieren können. Massive Zugriffe sind die Folge. Und damit hat man eine Basis, die natürlich in Richtung Hartplatzhelden-Konzept ausbaubar ist – mit ungleich größeren Umsatzchancen.
Soweit also sind die Beweggründe für die Klage nachvollziehbar. Dem wfv muss man ebenfalls zugute halten, dass nicht in Amoklauf-Manier geklagt wurde, sondern dass zunächst eine Aufforderung an Hartplatzhelden voraus ging, das Angebot aus dem Netz zu nehmen. Dennoch: An der ganzen Geschichte gibt es diverse Punkte, die mir persönlich gehörig auf den Sack gehen.
Zunächst einmal geht hier der DFB (also der von der DFL getrennte Amateur-Verband) nicht im eigenen Namen vor, sondern schickt einen Landesverband an die Front. Dass hier der DFB in die Strategie nicht involviert sein soll, glaubt nur jemand, der auch unterschreibt, dass die USA das irakische Volk befreien will. Man will das Ganze einfach auf kleiner Flamme abkochen.
Zweiter Punkt: Leidtragender ist nicht ein Google, eine Sat1Pro7 AG, sondern eine Popel-GmbH, die von Leuten geführt wird, die ihre Freizeit und ihr Engagement dafür aufopfern, Fußballkultur in Deutschland zu pflegen und Umsätze im Cent-Bereich machen. Nämlich als Protagonist Oliver von indirekter-freistoss.de und zwei Partner. Da liegt natürlich der Verdacht nahe, dass man sich nicht gegen das Anwaltsheer eines Großkonzerns eine blutige Nase holen, sondern gegen Kleinunternehmer einen Präzedenzfall schaffen will.
Dritter Punkt: Die Klage basiert wohlgemerkt nicht auf Urheberrechten, sondern auf dem Wettbewerbsrecht. Der Fußballverband beruft sich darauf, dass er sich in der eigenen Satzung die Verwertung von “Fernseh- und Hörfunkübertragungen” vor. Eigene Satzung gut und schön. Doch da kann man alles reinschreiben, was gerade gut klingt. Eine Übertragung (sic!) von Kreisliga-Gebolze wäre nicht ansatzweise möglich, ohne die Zuschauer, die mit ihrer eigenen Kamera am Spielfeldrand die Bilder aufzeichnen. Die Zugriffszahlen pro Film sind ein Witz. Der DFB will also all die Freiwilligen zu billigen Frondiensten verpflichten, Exklusivrechte zu bedienen und ihre Urheberrechte an einen Monopolanbieter abzugeben.
Vierter und wichtigster Punkt: Wenn die Herren Funktionäre nun auch noch die letzten Grottenkicks zu kommerzialisieren versuchen, dann hab ich keinen Bock mehr. Das was ich und viele andere am Wochenende abliefern, gehört keinem außer uns. Das ist Allgemeingut. Ich bezahle meine Vereins-Beiträge und finanziere damit den Laden. Mit dem, was ich selber produziere, möchte ich anstellen, was ich möchte. Ob bei Youtube oder meinetwegen Blinde-Fußballer.de – das sollte mir überlassen bleiben. Ich wähle das beste Angebot. Der DFB darf sich gerne in Konkurrenz dazu begeben. Und sollte angesichts der finanziellen Voraussetzungen auch kein Problem haben, ein besseres Portal zu schaffen als zum Beispiel Hartplatzhelden. Wenn man diese Entwicklung verpennt ist es ganz schlechter Stil, den Konkurrenten auf gerichtlichem Wege beseitigen zu wollen.
Leider wird dieser Fall nicht zu denen durchdringen, die davon betroffen sind, nämlich zu den Amateur-Kicker. Dazu ist die Causa zu unbedeutend. Bleibt nur zu hoffen, dass die Klage auf Richter treffeb wird, die nicht wie unsere Innen- und Wirtschaftsminister “Leute haben, die das Internet für mich bedienen” (O-Ton Michael Glos).